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Vom Versuch tanzenden Nordlichter einzufangen
Im Sommer ist Norwegen ein Fotografentraum. Das durfte ich viele Jahre erleben, insbesondere nördlich des Polarkreises, wo die Mitternachtssonne Landschaft und Meer „nächtelang“ durch permanente Sonnenauf- und untergangsstimmung verzaubert und ich dies in aller Ruhe fotografieren konnte.
An Schlaf ist in dieser Zeit nicht zu denken (außer es regnet vielleicht).
Während unserer Sommeraufenthalte erzählten unsere norwegischen Freunde von den Ereignissen und Aktivitäten, des nordischen Winters. Die Fischer haben dann ihre „Hochsaison“, der Schnee verzaubert die Landschaft, Vögel, die nur im Winter vor Ort sind, und vor allem das Nordlicht machten mich sehr neugierig. So flog ich im März mit meiner Mutter und meinem 10 jährigen Sohn auf die Vesterålen. Schon auf der Fahrt mit dem Mietwagen nach Stø waren wir alle drei aus dem Häuschen. Die Schneedecke versetzte das ohnehin schon wunderschöne Land der Berge, Seen und Fjorde in einen klaren, urtümlich unberührten Zustand, in dem die Spuren der Menschen wie weggewischt schienen.
Geschäftige Fischer haben keine Zeit für Nordlicht
Den ganzen Winter über hätte es in Stø kaum Nordlicht gegeben, erzählten uns die Fischer, ich war mir aber dabei nicht sicher, ob sie es nur nicht beachtet hatten, weil sie so sehr mit der Langleinenfischerei beschäftigt waren. Denn gleich am ersten Abend beobachtete ich den nächtlichen Himmel und vermeinte ein grünliches Glühen zu sehen. Sofort schlüpften wir alle drei in unsere warmen Sachen und liefen mit Stativ und Fotorucksack bepackt durch den Schnee. Der Halbmond stand strahlend am Himmel, der Schnee reflektierte das Licht, und es war viel heller als wir es erwartet hatten. Obwohl einige große Wolken tief am Horizont hingen sah man darüber die Sterne.
Mein erstes Nordlicht
Das Nordlicht war mit bloßem Auge zuerst gar nicht zu erkennen. Als ich aber die Digitalkamera gen Himmel richtete, zeigte mir das Display schon das erste grüne Flackern. Dies ermöglichte es uns, einen geeigneten Standort zu suchen und die Fotoausrüstung aufzubauen, bevor das Nordlichtspektakel richtig losging. Und bald darauf wurden wir für unsere Geduld und Mühe belohnt: hinter den Wolken begann es immer stärker zu leuchten, das Meer strahlte in leuchtendem Grün mit dem Himmel um die Wette, dazwischen die dunklen Regenwolken und schneebedeckte Felsen.
Ehrfurcht
Als schließlich der ganze Himmel von grünen Lichtwellen überrannt wurde, war mein Sohn so begeistert, dass er sich rücklings in den Schnee fallen liess, um so den Himmel in seiner ganzen Pracht über sich im Sichtfeld zu haben. Meine Mutter wurde von Ehrfurcht ergriffen ganz still, so nah fühlt man sich dieser grandiosen Natur nur selten.
Warum? Wie? Wie genial!
Spätestens jetzt kam die Fragen nach dem „Warum?“ „Was ist es?“ „Wie entsteht es?“ Plausible Theorien zur Erklärung des Phänomens Nordlicht gab es schon im 19. Jahrhundert. Aber erst mit Beginn des Satellitenzeitalters konnten diese mit Messwerten untermauert werden. Noch immer sind viele Fragen offen, so versuche ich es hier nur mit einer sehr knappen Erklärung.
Bei starker Sonnenaktivität können mit hoher Geschwindigkeit Plasmawolken Richtung Erde ziehen. Am magnetischen Pol werden diese geladenen Teilchen kreisförmig erdnah abgelenkt und reagieren in Höhen von 70-400 km über der Erde mit Sauerstoff, in dem sie diesem mit ihrer Energie anregen, grüne Lichtwellen wieder abzugeben. Gelangen die Elektronen bei extrem hoher Sonnenaktivität in noch tiefere Atmosphärenschichten, regen sie auch Stickstoffatome an, dann leuchtet das Nordlicht rot.
Wie kann ich das Nordlicht mit nachhause nehmen?
Eine weitere Fragen war mir in diesem Moment sehr wichtig: „Wie kann ich dieses Erlebnis festhalten und mit nach Hause nehmen, um es dem Rest meiner Familie und meinen Freunden zu zeigen?“ Ich weiß, es ist unmöglich, dies in der ganzen Grandiosität zeigen zu wollen, nichts geht über das aktuelle Erleben. Dennoch begann ich, fotografisch festzuhalten, was da über den Himmel rannte.
Spiegelreflexkameras
Ich nutzte auf dieser Reise ausschließlich digitale Spiegelreflexkameras und gehe daher hier nicht auf die analoge Fotografie ein. Ein großer Vorteil der digitalen SLR ist es, die Empfindlichkeit nach Bedarf verstellen zu können. So hat man die Möglichkeit, je nach Heftigkeit der Bewegung oder Helligkeit des Nordlichts, die Belichtungszeit zu verlängern oder zu verkürzen. Fotografiert man im RAW-Format, was ich sehr empfehle, kann man den Weißabgleich besser steuern, als es mit einem Tageslichtfilm möglich wäre. Zudem hat man durch das Display im Zusammenspiel mit dem Histogramm eine direkte Kontrolle des aufgenommenen Bildes und kann entsprechend nachkorrigieren.
Das wichtigste Hilfsmittel ist neben der Kamera ein stabiles Stativ. Im Zusammenhang mit einem Drahtauslöser erzielt man die besten Ergebnisse bezgl der Schärfe. Man muß darauf achten, im Schnee einen guten Stand für das Stativ zu finden, sonst sinkt es während der Belichtung langsam ein. Ich hatte zwei verschiedene Objektive im Einsatz – ein 2.8/28-75 mm und ein 4.0/17-40 mm, je nachdem, wieviel Vordergrund ich in die Aufnahme mit reinbringen wollte und wie weit sich das Nordlicht über das Himmelszelt erstreckte. Es ist von Vorteil, ein lichtstarkes Objektiv zu benutzen, weil eine weitgeöffnete Blende mehr Sterne abbildet oder geringere ISO-Zahlen zulässt, und somit auch weniger Rauschen. Eine kleine Taschenlampe ermöglicht es, den Fokus des Objektivs zu kontrollieren. Den Autofokus stellt man ab, weil das Licht nicht ausreicht, um exakt zu fokussieren. Man sollte dabei genau darauf achten, nicht über die Unendlich-Markierung hinaus zu fokussieren, sonst wird die Aufnahme vollständig unscharf.
Kameraeinstellungen
War das Nordlicht sehr aktiv, belichtete ich durch Anpassung der ISO von 500-1250 im Bereich von 6-20 Sekunden, bei offener Blende (2,8 oder 4, je nach Objektiv). Je nach Kamera muss man bei Belichtungszeiten von bis zu 30 Sekunden noch nicht in den B-Modus gehen, sondern kann mit Hilfe der Zeitautomatik belichten. Dabei hatte ich meist die Belichtungskorrektur auf plus 0,3 – 0,7. War das Nordlicht einmal schwächer und war weniger Bewegung drin, belichtete ich auch bis zu 2 Minuten. Bei Belichtungszeiten von länger als 30 Sekunden kann es aber passieren, dass das Nordlicht wegen seiner Bewegung verwischt und überbelichtet wird. Auch werden die Sterne durch die Erddrehung als kurze Striche abgebildet, was eher irritiert als schön anzusehen ist. (es sei denn, die Striche sind richtig lang, so ab 15 Minuten Belichtungszeit, was im Zusammenhang mit Nordlicht nicht viel Sinn macht).
Nordlichtfotografie und Ortschaften mit grellen Lichtern
Zu Problemen kann es auch kommen, wenn Ortschaften mit abgebildet werden. Ich habe in diesem Fall Belichtungsreihen gemacht, bis zu minus 2 Blenden belichtet und die Bilder dann zusammengesetzt. Das Nordlicht bekommt eine kürzere Belichtungszeit als die angestrahlte Ortschaft. Inwieweit das mit HDR umzusetzen ist, kann ich nicht sagen, denn ich habe mich mit dem Thema noch nicht intensiv beschäftigt. Die Automatiken in Photoshop versagten bisher bei meinen Fotos.
Bildoptimierung der Nordlicht RAW Daten
Bei der Bearbeitung der RAW-Formate kann man die Vignettierung, die bei Weitwinkelaufnahmen und bei offener Blende vorkommt, herausrechnen. Man hat einen guten Einfluß auf die Farbtemperatur und kann bei einigen RAW-Konvertern auch direkt das Bild entrauschen.
Meiner Erfahrung nach wirken die Nordlichtaufnahmen am besten in einer Überblendshow mit Musik. Aus ca.10-20 sequentiellen Aufnahmen, vom gleichen Standort aus gemacht, zeigte die Überblendung fast exakt den Flackereffekt des tanzenden Nordlichts, wie er in natura vorkommt.
Nordlichtvorhersage
Natürlich gehört auch etwas Glück dazu, Nordlichter zu erleben. Im Internet gibt es Nordlichtvorhersagen, zudem muss das Wetter mitspielen, sonst spielt sich das Geschehen für uns unsichtbar hinter den Wolken ab. Wir hatten auf dieser Reise sehr großes Glück und verbrachten einige Nächte fotografierend und staunend unter freiem Himmel, tagsüber faszinierte und beschäftigte mich die Schneelandsaft und die Geschäftigkeit der Fischer. So kam ich auch bei dieser Winterreise zu dem Schluss:
An Schlaf ist in dieser Jahreszeit nicht zu denken.
Schritt für Schritt Anleitung
- Kamera auf Stativ
- am besten mit Wasserwaage ausrichten
- RAW Modus
- Autofokus aus
- manuellen Fokus mit Taschenlampe kontrollieren
- Zeitautomatik
- etwas Plus korrigieren
- mit Drahtauslöser auslösen
- Histogramm kontrollieren
- Spaß haben
Bedingungen für das Nordlicht
- (zum Teil) wolkenfreier Himmel
- hohe Sonnenaktivität (im Internet Vorhersagen ansehen)
Fotoequipment
Fotografie:
- stabiles Stativ
- Drahtauslöser
- am besten Spiegelreflexkamera
- lichtstarke Weitwinkelobjektive
- Ersatzbatterie in der Hosentasche